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00:00:06: Kardiologie im Kiez, Podcast, Kurz informiert, heute zum ersten Tag des Europäischen Kardiologenkongresses
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00:00:20: Der Europäische Kardiologenkongress ist einer der bedeutendsten Kongresse für Kardiologen weltweit. Er findet von Samstag bis Dienstag, vom 29.8. bis 1.9. statt und war ursprünglich in Amsterdam geplant.
00:00:33: Jetzt findet der online statt, als Konsequenz der Coronavirus-Pandemie. Ich sitze also nicht wie erhofft in Amsterdam, sondern in Berlin am Schreibtisch.
00:00:43: Auch wenn ich die persönlichen Gespräche mit meinem Kollegen jenseits Deutschlands und natürlich die Stadt Amsterdam vermisse, ist eines ganz sicher
00:00:51: dieser Kongress wird die Art und Weise wie Kardiologen weltweit zusammenarbeiten tiefgreifend und dauerhaft verändern.
00:01:01: Mit deutlich geringerem Aufwand ist die Reichweite des Kongresses beträchtlich höher und 100.000 Teilnehmer haben sich registriert. Nur im Vergleich im letzten Jahr,
00:01:13: vor Ort in Paris, haben 30.000 Teilnehmer den Kongress wahrgenommen. Die Eröffnungsrede wurde von der Präsidentin der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft Barbara Casadei, Oxford, Großbritannien gehalten.
00:01:27: Ganz ehrlich, sie hielt eine wirklich große Rede: ein nachdenklicher Blick auf die letzten Monate und ein selbstbewusster Ausblick in eine Zukunft voller Herausforderungen.
00:01:38: Eine solche Rede hätte ich mir in den letzten Monaten von deutschen Politikern oder vom
00:01:43: Präsidentin des Robert-Koch-Instituts gewünscht, aber dazu muss man wohl aus Großbritannien kommen.
00:01:49: Und Barbara Casadei nahm eine wichtige Positionierung vor. 500.000 Menschen starben in den letzten neun Monaten weltweit unter tragischen Umständen am Coronavirus.
00:02:01: Aber fast 18 Millionen Menschen sterben jährlich an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das ist rund ein Drittel aller Todesfälle.
00:02:09: Und bei aller Betroffenheit über die Konsequenzen der Coronavirus Pandemie dürfen diese Menschen nicht vergessen werden.
00:02:16: Blicken wir auf die Highlights des europäischen Kardiologenkongresses, so wurden im Wesentlichen am ersten Tag die Themen Herzschwäche Vorhofflimmern und Herzmuskelkrankheiten aufgegriffen.
00:02:28: Bereits im letzten Jahr haben die zur Behandlung der Zuckerkrankheit im Alter genutzten SGLT2-Hemmer für Furore gesorgt.
00:02:36: Sie senken das Risiko für eine Verschlechterung der Herzschwäche mit notwendiger Behandlung im Krankenhaus auch unabhängig vom Vorhandensein einer Zuckerkrankheit,
00:02:46: Die Frage ist, ob das auch für fortgeschrittene Herzschwäche und bei deutlich verminderter Schlagkraft des Herzens zutrifft.
00:02:53: In einer auf dem Europäischen Kardiologenkongress vorgestellten wissenschaftlichen Untersuchung konnte der SGLT2-Hemmer Empagliflozin,
00:03:02: in einem mittleren Beobachtungszeitraum von 16 Monaten das Risiko für Tod durch Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Krankenhausbehandlung mit Herzschwäche von 25% auf 19% sinkt.
00:03:16: Und das bei optimaler Behandlung mit den aktuell zur Verfügung stehenden Medikamenten und Verfahren. Eines ist sicher.
00:03:25: die SGLT2-Hemmer werden kurzfristig Eingang in die europäischen und deutschen Leitlinien für Herzschwäche finden.
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00:04:05: Das zweite Highlight des Tages griff die Behandlung des Vorhofflimmern auf.
00:04:10: Bei der Behandlung des Vorhofflimmern ist eine der zentralen Fragen, unter welchen Umständen die Wiederherstellung und ein Erhalt eines normalen Herzrhythmus im Vergleich zur ausschließlichen Begrenzung der Herzschlagrate auch
00:04:25: zu einer Verbesserung der Sterblichkeit führen kann.
00:04:28: Die aktuell vorgestellte wissenschaftliche Untersuchung hat diese Frage bei älteren Patienten.
00:04:35: mit milden Beschwerden untersucht und zwar unter einer sehr speziellen Bedingung, bei der die Wiederherstellung und der Erhalt eines normalen Herzrhythmus möglichst früh,
00:04:47: im Mittel schon ein Monat nach der Erstdiagnose des Vorhofflimmerns erfolgte.
00:04:53: Zur Wiederherstellung und zum Erhalt eines normalen Herzrhythmus wurden entweder ausschließlich Medikamente,
00:05:01: oder eine kleine Operation eine Verödung der Quelle der Herzrhythmusstörung im linken Vorhof verwandt.
00:05:09: In einem mittleren Beobachtungszeitraum von 5 Jahren wurde das Risiko für Tod durch Herz-Kreislauf-Krankheiten bzw. Schlaganfall,
00:05:19: oder Krankenhausbehandlung mit Herzschwäche bzw Durchblutungsstörung des Herzens um absolut 1,1% vermindert.
00:05:29: Die Interpretation dieser Untersuchung ist nicht einfach, denn die verglichenen Gruppen,
00:05:34: einerseits die Wiederherstellung und der Erhalt eines normalen Herzrhythmus, andererseits die ausschließliche Begrenzung der Herzschlagrate wurden nicht gleich behandelt.
00:05:45: Die Patienten mit Wiederherstellung eines normalen Herzrhythmus erhielten eine systematisch engmaschigere Nachsorge.
00:05:53: Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Untersuchung flossen noch nicht in die ebenfalls vorgestellte neue Leitlinie Vorhofflimmern ein.
00:06:02: Eine wesentliche Änderung in der neuen Leitlinie Vorhofflimmern ist aber gerade die Betonung der Notwendigkeit einer systematischen Nachsorge,
00:06:11: auch von Begleiterkrankungen z.B. Bluthochdruck oder Blutzuckerkrankheit und zumindest diese Notwendigkeit wird durch die Ergebnisse auch dieser vorgestellten wissenschaftlichen Untersuchung,
00:06:25: nochmals unterstrichen.
00:06:28: Das letzte Highlight des Tages betraf die häufigste erbliche Herzkrankheit, die hypertrophe Kardiomyopathie.
00:06:37: 500 von 100.000 Einwohnern,
00:06:40: also auch mehrere tausend Menschen in Berlin, leiden an dieser Herzmuskelerkrankung, welche mit einer Verdickung der Herzwände einhergeht. Bei einer häufigen Variante dieser erblichen Herzkrankheit,
00:06:53: kommt es zu einer Einengung der Auswurfbahn der linken Herzkammer.
00:07:00: Dabei wird der Blutauswurf beim Herzschlag behindert
00:07:05: und die Herzarbeit insbesondere bei körperlicher Belastung erheblich erschwert. Mavacampten,
00:07:13: der erste Wirkstoff seiner Art, bremst die bei dieser Erkrankung dramatisch gesteigerte Aktivität des antreibenden Eiweißes des Herzmuskels.
00:07:24: Dieses Eiweiß heißt Myosin.
00:07:27: Und mit dem Ausbremsen des Myosin werden die Konsequenzen der dauerhaften Überlastung des Herzmuskels gelindert. In der
00:07:36: auf dem Europäischen Kardiologenkongress vorgestellten wissenschaftlichen Untersuchung konnte der Wirkstoff die körperliche Leistungsfähigkeit bessern,
00:07:46: die Einengung der Auswurfbahn der linken Herzkammer vermindern und Wohlbefinden steigern.
00:07:53: Damit bietet sich eine vergleichsweise gut verträgliche Alternative zu der sonst oft notwendigen Herzoperation.
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00:08:16: Kardiologie im Kiez Podcast, Kurz informiert, herzlichen Dank für Ihr Interesse und bleiben Sie gesund.
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